Portrait von Maria Montessori gemalt von einer ehemaligen Schülerin der Montessori Schule Eberharting

gemalt von N.H., ehemalige Schülerin der Montessori Schule Eberharting

Grundgedanken der Montessori-Pädagogik

Über Maria Montessori

Maria Montessori kam im Jahre 1870 in Chiaravalle (Italien) zur Welt. Als eine der ersten Frauen Italiens studierte sie Medizin. Danach arbeitete sie in einer Psychiatrie, in der sie Kinder betreute und erste Arbeitsmaterialien für sie entwickelte.

Ihre Erkenntnisse erlangte sie durch die wissenschaftliche Beobachtung von Kindern und die Überprüfung und Weiterentwicklung von Materialien.

Als Tochter von Alessandro und Renilde Montessori wuchs sie im Bildungsbürgertum Italiens auf. Der Grundstein für ihre kosmische Erziehung wurde bereits in ihrer Kindheit gelegt. Beim Philosophieren mit ihrer Mutter und ihrem Onkel, welcher Theologe und Geologe war, entdeckte sie schon früh ihr Interesse für die Naturwissenschaften. Gegen den Willen ihres Vaters begann sie später ein Mathematikstudium und schaffte es einige Zeit später als eine der ersten Frauen Italiens zum Medizinstudium zugelassen zu werden.

Sie beschäftigte sich ausführlich mit der Reformpädagogik und spezialisierte sich im Rahmen ihres Studiums auf die Kinderheilkunde. Parallel dazu engagierte sie sich als Feministin und vertrat die Frauen Italiens auch international. Ihren Abschluss machte sie 1896 in Rom.

Anschließend arbeitete sie, wie bereits schon während ihres Studiums, in einer Psychiatrie. Dort betreute sie die Kinder, adaptierte Materialien von Itard und Seguin und begann auf diesem Weg ihre Pädagogik Schritt für Schritt aufzubauen. Dabei ging sie stets wissenschaftlich vor und überprüfte ihre Materialien und Erkenntnisse akribisch. Als ihre Methode bei den Kindern der Psychiatrie Erfolg zeigte, begann sie sich zu fragen, was ihre Pädagogik wohl bei „normalen“ Kindern bewirken könnte.

Über einige Wirrungen und Umwege eröffnete sie dann im Jahre 1907 ihr erstes „Casa dei Bambini“ in dem Arbeiterviertel San Lorenzo in Rom. Dort führte sie ihre Beobachtungen weiter, entwickelt neue Materialien und baute ihre Pädagogik immer weiter aus.

Sie hielt immer mehr Vorträge auch auf internationaler Ebene und so verbreitete sich ihre Pädagogik auf der ganzen Welt. Zeit ihres Lebens machte sie sich Gedanken über ihre Pädagogik und entwickelte sie stets weiter.

Sie und ihre Ansichten wurden nicht immer nur positiv aufgenommen. So wurde sie wegen ihrer Äußerungen später auch politisch verfolgt. Den zweiten Weltkrieg verbrachte sie im Exil in Indien und lebte zuletzt in den Niederlanden, wo sie 1952 verstarb.

Die Entwicklung des Kindes

Entwicklungsstufen

Maria Montessori teilt die Entwicklung des Kindes in drei Stufen ein. Die 1. Stufe umfasst die Kinder von 0-6 Jahren, worauf die Stufe der 6-12-Jährigen und schließlich die Stufe der 12-18-Jährigen folgen, womit die Entwicklung des Kindes seinen vorläufigen Abschluss findet.

Von Beginn an wird das Kind von einem großen inneren Antrieb geleitet.

Während der ersten Stufe entwickelt es vor allem die Sensibilität für Bewegung, eine gesteigerte Aufnahmebereitschaft für alle Umwelteindrücke und Sinneserfahrungen sowie eine Sensibilität für Sprache.

Das 6-12-jährige Kind erweitert seinen Aktionsradius. Die Sprachkenntnisse werden vertieft. Bei Wissensinhalten beginnt der Übergang vom Konkreten zum Abstrakten. Gleichzeitig besteht ein großes Interesse an Ursachen und Zusammenhängen aller Dinge der Welt. Das Kind möchte eine Vorstellung vom „Ganzen“ erhalten. Diese Stufe zeichnet sich durch eine starke Sensibilität für soziale und moralische Fragen aus.
Im Lebensabschnitt der 12-18-Jährigen steht der Wunsch nach zunehmender Unabhängigkeit im Vordergrund. Die Frage nach der eigenen Rolle in der Gesellschaft beschäftigt die Jugendlichen sehr. Es entstehen neue Sensitivitäten: persönliche Würde einerseits, soziale Verantwortung andererseits.

„Die Umwandlung ist beachtlich. Man hat diese Epoche als „Wiedergeburt“ bezeichnet. Man wird wahrhaftig zum zweiten Mal geboren. Es ist also eine Geburt zu einem anderen Leben. Das Individuum wird zu einem sozialen Neugeborenen.“ (Maria Montessori)

Eine Entwicklungsstufe baut auf der vorhergehenden auf. Jede dieser Stufen muss im Umgang mit dem Kind/Jugendlichen und bei der Gestaltung des Lernumfeldes Beachtung finden.

Sensible Phasen

Für Maria Montessori vollzieht sich die Entwicklung des Kindes in der Wechselwirkung zwischen Mensch und Umwelt. Das Kind entwickelt sich gemäß seinem inneren Bauplan in Beziehung und Auseinandersetzung mit der Umgebung, in der es aufwächst. Dieses ist ein ganzheitlicher Prozess.
Auch in der neueren entwicklungspädagogischen Arbeit und Literatur begegnet man dem Begriff der sensiblen Phasen. Darunter versteht man Zeitfenster, in denen das Kind eine hohe Bereitschaft und Empfänglichkeit für bestimmte Lerninhalte zeigt. In dieser Zeit lernt das Kind voll Freude, Energie und Konzentration anscheinend mühelos, bis das Lernbedürfnis gesättigt ist und eine tiefe Befriedigung eintritt.

Polarisation der Aufmerksamkeit

Das kleine Kind besitzt die Fähigkeit alles aus seiner Umgebung aufzusaugen wie ein Schwamm – dies nennt Maria Montessori den absorbierenden Geist. Das kleine Kind eignet sich so unbewusst die Kultur an, in der es lebt.

Maria Montessori machte die Entdeckung, dass Kinder unter bestimmten Bedingungen zu anhaltender, konzentrierter Beschäftigung fähig und bereit sind. Gemeint ist das „Aufgehen in einer Arbeit, einer konzentrierten, frei gewählten Arbeit, die die Kraft hat zu konzentrieren und anstatt zu ermüden die Energien, die geistige Fähigkeit und die Selbstbeherrschung erhöht“ (Maria Montessori).

Dies kann nicht erzwungen werden, sondern wird nur in einer frei gewählten Tätigkeit entstehen – freie Wahl und vorbereitete Umgebung sind Voraussetzung für die Polarisation der Aufmerksamkeit.

Maria Montessori hat weiter beobachtet, dass solche durchlebten Prozesse Kinder in ihrem Wesen verändern können. Das Kind kommt über die Konzentration zur inneren und äußeren Disziplin. Sie spricht hier von der Neuordnung des Kindes oder von der Normalisation.

„Freiheit bedeutet nicht, dass man tut was man will, sondern Meister seiner selbst zu sein.“ (Maria Montessori)

Heterogenität und Altersmischung

Im Mittelpunkt steht die ganze Persönlichkeit des Menschen unter Einbeziehung seines sozialen Umfeldes und seines Bildungsbedarfs. Sie soll gefordert und gefördert werden, damit sich jeder seines Schatzes an Fähigkeiten bewusst werden kann. Gemeinsames Handeln in lern- und leistungsheterogenen Gruppen ermöglichen komplexe soziale Lernprozesse, die die Grundlage wichtiger Schlüsselqualifikationen wie Toleranz, Konfliktfähigkeit, angemessene Selbstbehauptung, Solidarität, Empathie und Selbstwirksamkeit darstellen.

„Der Weg auf dem die Schwachen sich stärken, ist der gleiche wie der, auf dem die Starken sich vervollkommnen.“ (Maria Montessori)

Der Aufbau eines guten Lern- und Arbeitsverhaltens gelingt nach der Auffassung Maria Montessoris am besten in altersgemischten Gruppen. Die Altersmischung ist bei uns ein bewusst gewählter Rahmen, in dem sich die Schüler*innen in hohem Maße nach ihrem eigenen inneren Bauplan entwickeln können.

Der Mensch ist Individuum und soziales Wesen. Individualität muss also immer auch in der Gemeinschaft eingebettet sein. Sie trägt das Individuum, erwartet aber auch Verpflichtungen. Gemeinschaft stärkt Selbstwertgefühl und Selbstverantwortung, fordert aber auch zur Rücksichtnahme auf. Sie bringt Vielfalt zur Geltung, verlangt aber auch den Situationen angemessenes Verhalten.

Die vorbereitete Umgebung

Die vorbereitete Umgebung ist zentrales Prinzip der Montessori-Pädagogik. An erster Stelle steht eine klare äußere Strukturierung, die dem Kind/Jugendlichen innere Ordnung und Autonomie ermöglicht. Dies geschieht über das Material, die Räumlichkeiten und die Rollen, die Kinder und Erwachsene einnehmen.

Das Material

In den letzten Jahrzehnten wurde folgende Erkenntnis Maria Montessoris durch die Neurowissenschaft immer deutlicher bestätigt: Erfolgreiches und nachhaltiges Lernen kann nur dann gelingen, wenn diesem ein Begreifen im wörtlichen Sinne – also das konkrete Tun – zugrunde liegt. Deshalb steht das Lernen mit Material gerade bei den jüngeren Schülern*innen im Mittelpunkt.

Die Montessori-Materialien genügen bestimmten Anforderungen wie Ästhetik, Selbstkontrolle, Isolierung der Schwierigkeit und fordern das Kind zu Wiederholungen auf. Daneben werden zahlreiche ergänzende Materialien bereitgestellt, die – passend für jede der Stufen – zum Teil von den Lehrpersonen selbst entwickelt sind. Das nach Fachbereichen übersichtlich sortierte Material wird in Regalen so aufbewahrt, dass es jederzeit leicht zugänglich ist und das Kind gern nach ihnen greift und es ohne Probleme wieder zurückstellen kann. Je nach Art des Materials bedarf es einer Einführung durch das Lehrpersonal (Präsentation).

Die Räumlichkeiten

Die Räume, in denen sich die Schüler*innen aufhalten, strahlen eine angenehme und anregende Atmosphäre aus und ermöglichen Kindern wie Erwachsenen zu jeder Zeit einen guten Überblick. Es stehen genügend Freiflächen zur Verfügung, um beispielsweise den Schüler*innen ein Arbeiten auf dem Boden/Teppich zu ermöglichen.

Die Rolle der Kinder

Das Kind strebt von Geburt an nach Freiheit und Unabhängigkeit und ist erfüllt von Lernfreude und dem Wunsch nach Autonomie. In diesem Bestreben bekommen die Kinder in der Freiarbeit die besondere Aufgabe, ihre Arbeiten und Lerninhalte zunehmend selbständig zu wählen.

„Freie Wahl bedeutet Freiheit wozu und nicht Freiheit wovon.“ (Maria Montessori)

Da Disziplin und Freiheit die beiden Seiten der gleichen Medaille sind, kann ein Lernen nur dann gelingen, wenn die Bereitschaft des Kindes oder Jugendlichen zur eigenen Verantwortung zu erleben ist.

Die Rolle der Erwachsenen

In diesem Sinne wird der Erwachsene zur Begleitung des Kindes. Er hat immer vor Augen, dass der Prozess des Lernens und Begreifens im Kind geschieht. So steht er ihm auf seinem Entwicklungsweg unterstützend zur Seite. Er hilft Kindern und Jugendlichen dabei, eigenverantwortliches Lernen zu erfahren und einzuüben.

„Hilf mir, es selbst zu tun.“ (Maria Montessori)

In der Schule tritt der Erwachsene in die Rolle des Lernberatenden und Beobachtenden, sorgt für eine positive Lernatmosphäre und wird somit Teil der vorbereiteten Umgebung. Er gibt Einführungen in die Materialien und Inhalte der jeweiligen Altersstufe, unterstützt und fördert sie in ihren Lernprozessen. Er begleitet sie auf ihrem Weg zu eigenverantwortlichem Handeln.

Kosmische Erziehung und Erdkinderplan

In der Altersstufe von etwa 6-12 Jahren interessieren sich die Kinder für die „großen Themen“ unseres Universums. Mit ihrer starken Kraft der Fantasie vermögen sie sich in Ereignisse längst vergangener Zeiten zu versetzen.

In der Altersstufe von 12-18 Jahren rücken zunehmend persönliche Fragen in den Vordergrund.

Altersstufe von etwa 6-12 Jahren 

Mit Erzählungen und zahlreichen Freiarbeitsmaterialien zur Natur- und Kulturgeschichte wird in dieser Altersstufe „der Keim für die Wissenschaften gelegt“ (Maria Montessori).

Die kosmische Erziehung bildet so den Rahmen für die sprachliche, mathematische, künstlerische und sozial/ethische Elementarbildung dieser Entwicklungsstufe.

„Das Universum ist eine eindrucksvolle Wirklichkeit und eine Antwort auf alle Fragen. Wir werden gemeinsam diesen Pfad des Lebens beschreiten, denn alle Dinge sind Teil des Universums und miteinander verbunden, um eine große Einheit zu bilden.“ (Maria Montessori)

Altersstufe von 12-18 Jahren

Die Jugendlichen setzen sich mit sich und der Gesellschaft auseinander und beginnen, ihre Fähigkeiten und ihre Wertvorstellungen zu entwickeln, sowie ihren Platz in unserer Welt zu finden.

Der Erdkinderplan ermöglicht es den Jugendlichen individuelle Wege zu erproben, indem er ihnen viele Möglichkeiten eröffnet, das eigene Potential zu finden. Mit verschiedenen handwerklichen und kreativen Angeboten sowie mit Praktika, Projekten und gemeinschaftlichem Wirtschaften können sie ihren persönlichen Entwicklungsweg gestalten.

Die Reifezeit ist durch einen Zustand der Erwartung gekennzeichnet, durch die Bevorzugung von schöpferischen Arbeiten und durch das Bedürfnis, das Selbstvertrauen zu stärken.“ (Maria Montessori)